Das Publikum in dem rauch- und bierdunstgeschwängerten Saal der legendären Münchner Kleinkunstbühne MUH (musikalisches Unterholz) saß dichtgedrängt in Erwartung, dass der Kleinkünstler, ein stämmiger junger Mann mit dem angekündigten Lied loslegen würde. Allein, der vollbärtige Akteur mit Pagenfrisur setzte nach ein paar Akkorden und trocken kommentierten bayrischen Gitarrenläufen zu einer erneuerten Ankündigung des nun schon bereits 10 mal in Aussicht gestellten Couplets an, das er gleich anfangen werde, obwohl das gar keinen Anfang habe, weshalb er eigentlich gar nicht anfangen könne. Das überwiegend jugendliche Publikum schüttelte sich vor Lachen, während der todernst agierende Künstler die Begeisterung mit jeder erneuten Inaussichtstellung der angekündigten Vollstreckung des Liedes sowie der Frage, was es denn da zum Lachen gäbe, die Lachsalven potenzierte. Mit einer auf ein absolutes Minimum reduzierten Mimik saß der mit Gitarre bewaffnete Fredl Fesl stocksteif auf seinem Stuhl und erzählte beiläufig, fast privat, lediglich unterbrochen von kräftigen Zügen aus seinem links unterm Stuhl abgestellten Maßkrug scheinbar Nebensächliches aus seiner niederbayerischen Heimat Niederbayern. Durch das lange Hinauszögern im Modus eines Cantus interruptus wirkte das letztendlich doch gesungene Couplet dann wie eine Entladung der aufgestauten Erwartung. Im Repertoir hatte diese Urgewalt Bairischer großer Kleinkunst aber auch, wenn das Publikum Glück hatte und er auf den ebenfalls legendären Kollegen Arthur Loibl traf, Balladen wie die Seeräuber Jenny von Bert Brecht oder Sauflieder von Karl Michael Bellmann. Wie und was „der Fredl“ sang, war in der verstaubten musealen Bayerischen Volksliedwelt der 70 iger Jahre unerhört. Die Zwischentexte dieses musikalischen Kabarettisten, in denen er von Polizeipferden erzählte, die als anatomische Besonderheit Arschlöcher auf dem Rücken tragen statt wie andere Heiter am Hintern, wirkten in Zeiten prügelnder Polizisten bei Schwabinger Krawallen und Studentenprotesten im autoritären Staatsgefüge der Recht und Ordnungspartei CSU als ausgschamte Ungeheuerlichkeit. Solche Elemente galten in Bayern als subversiv. Dabei agierte der Fredl nie mit eregiertem Zeigefinger. Seine Ironie, die Art, sich über Autoritäten wie Staat, Kirche, Schule oder Spießer auf hinterfotzig verdrehte Weise lustig zu machen, eröffnete auch mir einen neuen Zugang zu Volksliedern, wirkte für mich und meine Brüder als Initialzündung zur Gründung der Biermösl Blosn. Volksmusik wurde damals in meiner Großfamilie eher traditionell und museal gepflegt. Nach der 1. Begegnung mit dem Fredl änderte sich das für mich schlagartig. Er zeigte mir, dass als reaktionär verpönte bayerische Volkslieder durchaus unterhaltsam, absurd, lustig und poltisch sein konnten. Seine Interpretation auch bekannter Couplets wie dem `Fensterstock Hias` oder `Vogelnest` gaben der Volksmusik und kastrierten Liedern ihren Witz zurück. Der Fredl hat für mich das Bayerische Volkslied vom volkspädagogisch gesäuberten Kopf und Unterleib auf die Füße gestellt. Sein Name, sein Humor stand und steht für ein anderes Bayern als das der Strauß oder Stoiber CSU. Fredl Fesl war ein Ausnahmetalent, leistete mit seinen „Liedern fremder Völker aus Bayern“ im gesamten deutschsprachigen Raum die beste Werbung für bairische Kultur. Mit dem Königsjodler oder der Erfindung einer in China hergestellten Schunkelhilfe aus Plastik machte sich über volkstümliche Big Macs der Moiks und jetzigen Silbereisen lustig. Sein Humor wirkte auch in Berlin, Wien oder Zürich als Gegenpol zum weitverbreiteten reaktionären rechten Sondergesicht Bayerns. Er rückt mit Ironie und Humor bis heute zurecht, was bayrische Politik dem Lande Bayern an negativem Image eingebrockt hat. Fredl Fesl verband Stadt- und Landbevölkerung, war ursächlich für die Verbreitung städtischer Kleinkunstbühnen über ´s Land. Schnell wuchs der Star der Münchner Kleinkunstszene in den 70 iger Jahren über München, über Bayern hinaus, wurde im ganzen deutschsprachigen Raum zum sympathischen Botschafter absurden Bairischen Humors. Trotz seines großen Erfolges blieb er authentisch. Bei einer Live-Sendung vom Blauen Bock mit Heinz Schenk konterte er dessen Frage, was er sonst so machen würde: „Jedenfois net so an Schwachsinn wia in dera Sendung“! Er wurde nicht mehr eingeladen! Fredl Fesl war ein Querdenker. Nicht im politisch verqueren Sinn von Coronaspinnern oder Reichsbürgern, sondern im Sinne unsinnigen Humors. Trotz seines vom Gewichtheben beim ESV München Ost beachtlich breiten Kreuzes und der eher g´stumperten Statur erinnert seine Art des absurden Witzes an Karl Valentin. 2010 wurde ihm der „große Karl Valentinpreis“ (nicht zu verwechseln mit dem eher kleinen „Narhalla Valentinorden“) verliehen. Sein Humor kommt wie der des Großen Karl Valentin nie gschert und krachert durch die Vordertür, sondern knapp und beiläufig um die Ecke. Das Taxilied, der Anlaßjodler, das Fußball-Lied und viele mehr haben Kultstatus. Münchner Schulspezln meines Sohnes lachten noch 10 Jahre nach Fredls Karriereende über seine auf you tube entdeckte Lieder und Pferdl und Pfluftl – Gschichtn. Er verkörpert, was man in Bayern als „verrecktn Hund“ lobt. Wer ihn näher kannte, wußte um seine Vielseitigkeit als Kunstschmied, Zeichner, seine musikantische Vielfalt auf Trompete, Tuba und allem, was spielbar war.
Geboren wurde Fredl Fesl 1947 in Grafenau im Bayerischen Wald. Im Alter von neun Jahren verschlug es ihn mit seiner Familie nach Greding, 1959 nach Haidhausen, wo er bei den Haidhauser Blasmusikern trompete. Deren Motto “Wer daheim übt, fällt seinen Kollegen in den Rücken“, befolgte er nicht. Beim ESV München Ost schaffte er es 1966/67 zum Juniorenmeister im Gewichtheben, was die Grundausbildung war für spätere Auftritt als Akrobat beim Zirkus Atlas oder die Zugabe Nummer, ein Handstand auf dem Bühnenstuhl. Nach der Parkinson-Diagnose 1997 musste er 2007 seine Karriere beenden. In der 1990 erworbenen Einöde Häuslaigen lebte er bis vorgestern mit seiner Frau Monika. Die Krankheit Parkinson hatte zwar seinen Körper zerstört, nicht aber seinen typischen unlogisch logischen Humor, wie man bei Besuchen immer wieder feststellen konnte. Mit Fredl Fesl verliert nicht nur seine niederbayerische Heimat Niederbayern einen großen Künstler und wunderbaren Menschen.
Das Publikum in dem rauch- und bierdunstgeschwängerten Saal der legendären Münchner Kleinkunstbühne MUH (musikalisches Unterholz) saß dichtgedrängt in Erwartung, dass der Kleinkünstler, ein stämmiger junger Mann mit dem angekündigten Lied loslegen würde. Allein, der vollbärtige Akteur mit Pagenfrisur setzte nach ein paar Akkorden und trocken kommentierten bayrischen Gitarrenläufen zu einer erneuerten Ankündigung des nun schon bereits 10 mal in Aussicht gestellten Couplets an, das er gleich anfangen werde, obwohl das gar keinen Anfang habe, weshalb er eigentlich gar nicht anfangen könne. Das überwiegend jugendliche Publikum schüttelte sich vor Lachen, während der todernst agierende Künstler die Begeisterung mit jeder erneuten Inaussichtstellung der angekündigten Vollstreckung des Liedes sowie der Frage, was es denn da zum Lachen gäbe, die Lachsalven potenzierte. Mit einer auf ein absolutes Minimum reduzierten Mimik saß der mit Gitarre bewaffnete Fredl Fesl stocksteif auf seinem Stuhl und erzählte beiläufig, fast privat, lediglich unterbrochen von kräftigen Zügen aus seinem links unterm Stuhl abgestellten Maßkrug scheinbar Nebensächliches aus seiner niederbayerischen Heimat Niederbayern. Durch das lange Hinauszögern im Modus eines Cantus interruptus wirkte das letztendlich doch gesungene Couplet dann wie eine Entladung der aufgestauten Erwartung. Im Repertoir hatte diese Urgewalt Bairischer großer Kleinkunst aber auch, wenn das Publikum Glück hatte und er auf den ebenfalls legendären Kollegen Arthur Loibl traf, Balladen wie die Seeräuber Jenny von Bert Brecht oder Sauflieder von Karl Michael Bellmann. Wie und was „der Fredl“ sang, war in der verstaubten musealen Bayerischen Volksliedwelt der 70 iger Jahre unerhört. Die Zwischentexte dieses musikalischen Kabarettisten, in denen er von Polizeipferden erzählte, die als anatomische Besonderheit Arschlöcher auf dem Rücken tragen statt wie andere Heiter am Hintern, wirkten in Zeiten prügelnder Polizisten bei Schwabinger Krawallen und Studentenprotesten im autoritären Staatsgefüge der Recht und Ordnungspartei CSU als ausgschamte Ungeheuerlichkeit. Solche Elemente galten in Bayern als subversiv. Dabei agierte der Fredl nie mit eregiertem Zeigefinger. Seine Ironie, die Art, sich über Autoritäten wie Staat, Kirche, Schule oder Spießer auf hinterfotzig verdrehte Weise lustig zu machen, eröffnete auch mir einen neuen Zugang zu Volksliedern, wirkte für mich und meine Brüder als Initialzündung zur Gründung der Biermösl Blosn. Volksmusik wurde damals in meiner Großfamilie eher traditionell und museal gepflegt. Nach der 1. Begegnung mit dem Fredl änderte sich das für mich schlagartig. Er zeigte mir, dass als reaktionär verpönte bayerische Volkslieder durchaus unterhaltsam, absurd, lustig und poltisch sein konnten. Seine Interpretation auch bekannter Couplets wie dem `Fensterstock Hias` oder `Vogelnest` gaben der Volksmusik und kastrierten Liedern ihren Witz zurück. Der Fredl hat für mich das Bayerische Volkslied vom volkspädagogisch gesäuberten Kopf und Unterleib auf die Füße gestellt. Sein Name, sein Humor stand und steht für ein anderes Bayern als das der Strauß oder Stoiber CSU. Fredl Fesl war ein Ausnahmetalent, leistete mit seinen „Liedern fremder Völker aus Bayern“ im gesamten deutschsprachigen Raum die beste Werbung für bairische Kultur. Mit dem Königsjodler oder der Erfindung einer in China hergestellten Schunkelhilfe aus Plastik machte sich über volkstümliche Big Macs der Moiks und jetzigen Silbereisen lustig. Sein Humor wirkte auch in Berlin, Wien oder Zürich als Gegenpol zum weitverbreiteten reaktionären rechten Sondergesicht Bayerns. Er rückt mit Ironie und Humor bis heute zurecht, was bayrische Politik dem Lande Bayern an negativem Image eingebrockt hat. Fredl Fesl verband Stadt- und Landbevölkerung, war ursächlich für die Verbreitung städtischer Kleinkunstbühnen über ´s Land. Schnell wuchs der Star der Münchner Kleinkunstszene in den 70 iger Jahren über München, über Bayern hinaus, wurde im ganzen deutschsprachigen Raum zum sympathischen Botschafter absurden Bairischen Humors. Trotz seines großen Erfolges blieb er authentisch. Bei einer Live-Sendung vom Blauen Bock mit Heinz Schenk konterte er dessen Frage, was er sonst so machen würde: „Jedenfois net so an Schwachsinn wia in dera Sendung“! Er wurde nicht mehr eingeladen! Fredl Fesl war ein Querdenker. Nicht im politisch verqueren Sinn von Coronaspinnern oder Reichsbürgern, sondern im Sinne unsinnigen Humors. Trotz seines vom Gewichtheben beim ESV München Ost beachtlich breiten Kreuzes und der eher g´stumperten Statur erinnert seine Art des absurden Witzes an Karl Valentin. 2010 wurde ihm der „große Karl Valentinpreis“ (nicht zu verwechseln mit dem eher kleinen „Narhalla Valentinorden“) verliehen. Sein Humor kommt wie der des Großen Karl Valentin nie gschert und krachert durch die Vordertür, sondern knapp und beiläufig um die Ecke. Das Taxilied, der Anlaßjodler, das Fußball-Lied und viele mehr haben Kultstatus. Münchner Schulspezln meines Sohnes lachten noch 10 Jahre nach Fredls Karriereende über seine auf you tube entdeckte Lieder und Pferdl und Pfluftl – Gschichtn. Er verkörpert, was man in Bayern als „verrecktn Hund“ lobt. Wer ihn näher kannte, wußte um seine Vielseitigkeit als Kunstschmied, Zeichner, seine musikantische Vielfalt auf Trompete, Tuba und allem, was spielbar war.
Geboren wurde Fredl Fesl 1947 in Grafenau im Bayerischen Wald. Im Alter von neun Jahren verschlug es ihn mit seiner Familie nach Greding, 1959 nach Haidhausen, wo er bei den Haidhauser Blasmusikern trompete. Deren Motto “Wer daheim übt, fällt seinen Kollegen in den Rücken“, befolgte er nicht. Beim ESV München Ost schaffte er es 1966/67 zum Juniorenmeister im Gewichtheben, was die Grundausbildung war für spätere Auftritt als Akrobat beim Zirkus Atlas oder die Zugabe Nummer, ein Handstand auf dem Bühnenstuhl. Nach der Parkinson-Diagnose 1997 musste er 2007 seine Karriere beenden. In der 1990 erworbenen Einöde Häuslaigen lebte er bis vorgestern mit seiner Frau Monika. Die Krankheit Parkinson hatte zwar seinen Körper zerstört, nicht aber seinen typischen unlogisch logischen Humor, wie man bei Besuchen immer wieder feststellen konnte. Mit Fredl Fesl verliert nicht nur seine niederbayerische Heimat Niederbayern einen großen Künstler und wunderbaren Menschen.